Laptop mit News Hologramm - Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Aufgepasst bei der elektronischen Signatur von Arbeitsverträgen

Angesichts einer immer digitaler werdenden Arbeitswelt und dem Wunsch vieler Unternehmen, möglichst ganz auf Papier zu verzichten und zugleich digitale Workflows zu implementieren, ist die Nachfrage nach elektronischen Signaturprogrammen riesig. Diverse Anbieter preisen ihre Produkte mit dem Versprechen, eine rechtssichere Lösung für die Personalarbeit bieten zu können, werbewirksam auf dem Markt an. Dass zumindest beim elektronischen Abschluss von (befristeten) Arbeitsverträgen Vorsicht geboten ist, zeigt eine (mittlerweile rechtskräftige) Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.09.2021 (Az. 36 Ca 15296/20).

Der Fall

Die Arbeitsvertragsparteien schlossen einen befristeten Arbeitsvertrag, den sie nicht klassisch per Hand unterzeichneten, sondern unter Verwendung des Tools e-Sign mittels einer „fortgeschrittenen elektronische Signatur“ im Sinne des Art. 26 eIDAS-VO elektronisch signierten. Nach Ablauf der Befristung machte der Arbeitnehmer gerichtlich geltend, dass die Befristung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam sei und daher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin

Das Arbeitsgericht Berlin gab dem klagenden Arbeitnehmer Recht und entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrages mittels elektronischer Signatur unwirksam war. Die von den Parteien verwendete elektronische Signatur erfüllte nach Ansicht des Arbeitsgerichts nicht die strengen Anforderungen einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 126a BGB. Für eine qualifizierte elektronische Signatur sei eine Zertifizierung des genutzten Systems gemäß Art. 30 der europäischen eIDAS Verordnung erforderlich. Eine solche Zertifizierung durch die gemäß § 17 Vertrauensdienstgesetz zuständige Bundesnetzagentur biete das von den Parteien verwendete Tool jedoch nicht.

Nur eine qualifizierte elektronische Signatur könne aber grundsätzlich geeignet sein, die nach § 14 Abs. 4 TzBfG für die Befristung von Arbeitsverträgen vorgesehene Schriftform zu ersetzen. Da die Parteien den Arbeitsvertrag weder eigenhändig unterzeichnet, noch qualifiziert elektronisch signiert hatten, kam das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der vereinbarten Befristung endete, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus für unbestimmte Zeit galt.

Fazit

Elektronische Signatur-Tools können die Personalarbeit sicherlich in vielen Bereichen erleichtern. Beim Abschluss von Arbeitsverträgen müssen Arbeitgeber aber aufpassen:

Die Befristungsabrede bedarf nach § 14 Abs. 4 TzBfG nach wie vor der Schriftform. Und dieses Formerfordernis betrifft nicht nur den typischen befristeten Arbeitsvertrag und dessen Verlängerungen. Soweit ein „normaler“, eigentlich unbefristeter Arbeitsvertrag wie heute üblich eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des Rentenalters vorsieht, gilt das Schriftformerfordernis auch für diese Regelung. Im Ergebnis müssen daher befristete und nicht befristete Arbeitsverträge in den meisten Fällen die Schriftform einhalten.

Dabei kann die Schriftform in diesen Fällen durch die „elektronische Form“ gem. § 126a BGB ersetzt werden. § 126a BGB verlangt allerdings eine „qualifizierte elektronische Signatur“. Eine lediglich „fortgeschrittene elektronische Signatur“ im Sinne des Art. 26 eIDAS-VO genügt dem Formerfordernis nicht.

Es darf also nur auf solche Tools zurückgegriffen werden, wenn sichergestellt ist, dass es sich bei den von beiden Parteien erzeugten Signaturen um qualifizierte elektronische Signaturen handelt. Hierfür ist erforderlich, dass das Signaturprogramm durch einen externen Dienst – in Deutschland durch die Bundesnetzagentur – zertifiziert ist. Arbeitgeber sollten sich daher unbedingt bei ihrem Anbieter erkundigen, ob eine entsprechende Zertifizierung vorliegt. Nicht nur angesichts der hohen rechtlichen Anforderungen sind qualifizierte elektronische Signaturen bislang wenig verbreitet. Gerade beim Abschluss von Arbeitsverträgen stoßen sie häufig schon ganz praktisch an ihre Grenzen. Denn um eine qualifizierte elektronische Signatur erstellen zu können, benötigen beide Vertragsparteien neben Computer, Laptop oder einem vergleichbaren Gerät zusätzlich ein qualifiziertes Zertifikat auf einer sicheren Signaturerstellungseinheit (z.B. die sogenannte Signaturkarte), einen Chipkartenleser und eine entsprechende Software. Über diese Komponenten werden die wenigsten Bewerber verfügen.

Die Entscheidung macht deutlich, welche Risiken der unbedarfte Einsatz von Signatur-Tools birgt. Auch als rechtssicher angepriesene elektronische Signaturprogramme erfüllen nicht zwingend die hohen Anforderungen, die für qualifizierte elektronische Signaturen gelten. Häufig lassen sich mit diesen Programmen nur fortgeschrittene elektronische Signaturen erzeugen, die zwar ebenfalls ein hohes Sicherheitslevel bieten, aber eben nicht die strengen Vorgaben für qualifizierte elektronische Signaturen erfüllen und daher nicht die Schriftform ersetzen können. Die entsprechenden Werbeversprechen der diversen Anbieter sind mit großer Vorsicht zu genießen. Wenn beispielsweise damit geworben wird, dass die Verwendung fortgeschrittener elektronischer Signaturen in ganz Europa „legal“ wäre ist das für sich genommen völlig richtig, nur kann es eben sein, dass man dann ganz „legal“ eine letztlich formunwirksame Befristungsabrede produziert.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte bei der Vereinbarung befristeter Arbeitsverträge besser weiterhin auf persönliche Unterschriften setzen. Die praktische Relevanz hierfür ist groß: Denn „befristet“ sind im Zweifel auch alle Arbeitsverträge, die eine Altersbefristung, also das automatische Ende des Arbeitsvertrages mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters, enthalten.

Wer dennoch auf digitale Workflows mit entsprechenden Signaturlösungen auch im HR Bereich setzen möchte, sollte zum einen mit dem Anbieter klären, welche Signaturmöglichkeiten das fragliche Tool bietet. Auf dieser Basis sollte dann vor dem Einsatz dieser Tools anhand der maßgeblichen Formvorschriften definiert werden, welche Vorkommnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über ein derartiges Tool abgewickelt werden können und für welche weiterhin die herkömmliche Schriftform zu beachten ist. Denn nach wie vor gilt für einige Vorkommnisse gerade im Arbeitsverhältnis die echte Schriftform, die auch nicht durch elektronische Form nach § 126a BGB unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur ersetzt werden kann.